Wie man Frauen in politische Ämter bringt

24.01.2024

Wie man Frauen in politische Ämter bringt
Wie man Frauen in politische Ämter bringt

„Frauen in die Politik“ hieß das Format, zu dem die CDU-Frauenunion eingeladen hatte. Zu Gast war die ehemalige Oberbürgermeisterin von Offenburg, Edith Schreiner. von Nina Saam, Kehler Zeitung


Die Kommunalwahlen stehen vor der Tür und die Parteien sind dabei, ihre Wahllisten aufzufüllen. Frauen, obwohl rein zahlenmäßig in der Bevölkerung in der Überzahl, sind in den politischen Gremien ziemlich unterrepräsentiert. So sitzen im Kehler Gemeinderat gerade einmal fünf Frauen, aber 21 Männer. Die zehn Kehler Ortschaften werden von neun Männern und einer Frau geführt – und bundesweit steht nur in neun Prozent aller bundesdeutscher Rathäuser eine Frau an der Spitze. Eine davon war die Offenburger Ex-Oberbürgermeisterin Edith Schreiner, die die Kehler Frauenunion zu einem Erfahrungsaustausch eingeladen hatte. Ergründet werden sollte, woran es liegt, dass so wenig Frauen in die Politik gehen und wie man das ändern kann.

Das eine ist, sich überhaupt zur Wahl aufstellen zu lassen, gewählt zu werden das andere. Viele Frauen trauten sich selbst zu wenig zu und glaubten, stets perfekt vorbereitet sein zu müssen, wenn sie in einem politischen Gremium sind: „Die Männer sagen einfach, ich kann das“, sagte Edith Schreiner, die 16 Jahre lang, von 2002 bis 2018, Rathaus-Chefin in Offenburg war. „Frauen sind da zögerlicher, denken mehr darüber nach.“ Frauen müssten selbstbewusster auftreten, mehr netzwerken – und einfach machen: „Man wird nur wahrgenommen, wenn man auch das Wort ergreift“, sagte sie. „Dadurch wird man auch sicherer.“

Das konnte die Kehler Alt-Stadträtin Gudrun Haen bestätigen, die anfangs „a bissle Schiss“ davor hatte, vor anderen zu sprechen. Sie sei in der Fraktion ermutigt worden, ihre Themen selbst vor dem Gemeinderat zu vertreten, und habe so Sicherheit gewonnen und sich Respekt verschafft.

Schwierig sei es für Frauen auch immer noch, Arbeit, Familie und politisches Engagement unter einen Hut zu kriegen. Mehr als früher seien junge Frauen voll berufstätig, und auch wenn die „modernen“ Männer sich heute mehr an der Familienarbeit beteiligten, sei die Freizeit knapp bemessen: „Da überlegen es sich schon viele, ob sie diese Zeit in Gremien verbringen wollen, wo es manchmal nach dem Motto ,es ist alles gesagt, aber noch nicht vom jedem‘ zuzugehen scheint“, so Schreiner.

Doch selbst wenn Frauen auf der Liste stehen, schaffen sie es seltener in die Gremien als Männer. „Gerade bei den Kommunalwahlen werden die gewählt, die man kennt“, sagte Schreiner. Frauen engagierten sich oft in der Kita und in der Schule im Elternbeirat. Ihr Bekanntheitsgrad sei damit eher auf einen kleineren Personenkreis beschränkt, anders als bei Männern, die vielleicht in Vereinen oder der Feuerwehr aktiv sind. Es sei der fehlende Bekanntheitsgrad, und nicht, dass man es ihnen weniger zutraut, meinte sie. Auch der Listenplatz spiele kaum eine Rolle.

Alt-Stadträtin Gudrun Haen hat noch etwas anderes beobachtet: „Frauen wählen oft keine Frauen, aber Männer wählen immer Männer.“

Auf Menschen zugehen

Um bekannter zu werden, müsse man sich aktiv an die Menschen wenden, sagte Edith Schreiner. Im Wahlkampf habe sie oft beobachtet, dass Kandidatinnen hinter den Tischen stehenbleiben, anstatt die Leute anzusprechen: „Man kann nur gewählt werden, wenn man auf die Leute zugeht“, sagte sie.

Sabine Denz verwies auf die letzte Kommunalwahl, bei der parteiübergreifend um Frauen geworben wurde, unterstützt von der Frauenliste, die nicht mehr zur Wahl angetreten war – gebracht habe das aber nichts: Der Frauenanteil im Gemeinderat sei sogar gesunken. Davon soll man sich nicht entmutigen lassen, am Bekanntheitsgrad arbeiten – und sich weiter um die „gescheiterten“ Kandidatinnen bemühen und sie in die politische Arbeit einbinden, sagte Edith Schreiner: „Das machen fast alle Parteien falsch.“ Auch bei Gudrun Haen hat es nicht gleich beim ersten Anlauf geklappt, vier Jahre später wurde sie gewählt – und bestimmte 26 Jahre lang die Kehler Politik im Gemeinderat mit.